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Montag, 5. Juli 2021

Zur Aufarbeitung in der Öffentlichkeit


Etwas Grundsätzliches: Ich führe ein Leben wie die meisten anderen auch, dessen größter Teil sich als Privatperson abspielt. Anders aber war es mit einigen meiner Vorfahren: Meine Großeltern Otto und Charlotte Wächter, die nach einigen Jahrzehnten nun wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt sind, waren in dieser Öffentlichkeit bis zumindest nach dem 2. Weltkrieg freiwillig, selbstgewählt und bewusst. Das Leben in der Öffentlichkeit und in öffentlichen Ämtern haben sie angestrebt und genossen. Die Untaten die sie dabei begangen haben waren nicht nur öffentlich wahrnehmbar, sondern folgenschwer für die Generationen bis jetzt. 

In einer Demokratischen Gesellschaft wird Tat, Untat, Schuld und Sühne öffentlich verhandelt. Die Geschichte dieser meiner Großeltern ist keine Privatgeschichte, sondern trauriger Teil der Weltgeschichte und somit Allgemeingut. Diese Taten meiner Großeltern zu verschweigen oder zu verleugnen, hieße, den Opfern öffentlich die Fakten der Täter zu nehmen. Gleichzeitig würde es Aufarbeitung, Diskurs, Versöhnung und Heilung verhindern. 

Die vielen positiven und motivierenden Rückmeldungen aus der ganzen Welt bestätigen mich in dem, was mir das Schicksal offensichtlich auferlegt hat zu tun (worum ich mich nicht gerissen habe). Mich damit auseinanderzusetzen und dazu Stellung zu beziehen ist aber demnach nicht, wie mir von manchen aus persönlicher Überforderung und Mangel an Argumenten unterstellt wird „Exhibitionismus“ oder Befriedigung von „Voyeurismus“, es ist viel mehr neben dem höchst notwendigen Prozess zur Gesundung, ein Zurückgeben was der Öffentlichkeit durch Verleugnung, Verschleierung und Verschweigen vorenthalten wurde. 

Das Auseinandersetzen mit dem Stellungnehmen ist möglicherweise genauso eine Herausforderung wie das Auseinandersetzen mit dem Schweigen. Zu beiden wurde man möglicherweise vorher nicht gefragt, es ist aber andererseits nun Mal jedes Menschen Entscheidung, dieses oder jenes zu tun. Nicht jeder hat dazu den gleichen Zugang, aber jede oder jeder muss tun, was sie oder er für richtig hält. Die Auseinandersetzung damit, auch wenn sie ungewollt ist (in meinem Fall war das so mit dem Schweigen), ist ja möglicherweise eine Chance für jede und jeden einzelnen. 

Sonntag, 4. Juli 2021

ORF-online Bericht über meine Familiengeschichte

Der Weg ist nicht immer leicht, aber mit jeder Erschwernis kommt Erleichterung. Und in jeder Schwierigkeit ist verborgen, daraus etwas Gutes zu machen. Dem möchte ich mich auch weiter widmen. 

Anbei ist der Link zum Beitrag auf orf.at in Wort und Film von Clara Akinyosoye und Marco Tondolo.


Mittwoch, 25. November 2020

"Die Rattenlinie" von Philippe Sands

Das Buch "The Ratline" von Philippe Sands über meine Großeltern ist jetzt auf Deutsch erschienen als "Die Rattenlinie".
Es basiert auf die Dokumente meiner Familie, die mein Vater dem Holocaust Museum in Washington zugänglich gemacht hat. Es schildert den Aufstieg meines Großvaters Otto Wächter zu einem der hochrangigsten Nazis Österreichs und seine Beziehung zu meiner Großmutter Charlotte sowie die Machenschaften zwischen dem Vatikan und der USA. 
Er war in führenden Positionen in Österreich, Deutschland, Polen, Italien und der Ukraine tätig und hat entsprechende Spuren hinterlassen, die bis heute nachwirken.

Lange wusste ich über diese Vergangenheit meiner Großeltern kaum bescheid, erst seit 5 Jahren habe ich begonnen diese Last aufzuarbeiten und darüber zu recherchieren. 

Ich glaube, dass dieses Buch nicht nur für mich ein wichtiges ist, sondern auch für Österreich und die Allgemeinheit.

Das Nicht-Wissen und verschweigen hat mich lange krank gemacht. Viele Dinge habe ich erst durch dieses Buch erfahren. Am Ende komme ich darin auch vor.



Freitag, 20. November 2020

75 Jahre Nürnberger Prozesse


Here in courtroom 600, 75 years ago today, the Nurenberg trials took place. Last year I visited the place and the memorial, aware of the fact, that my grandfather Otto Wächter very certainly would have been sitting here and would have been prosecuted among the others, if he wouldn´t have escaped.


Heute ist es 75 Jahre her, dass die Nürnberger Prozesse hier im Gerichtssaal 600 stattfanden. Letztes Jahr besuchte ich den Ort und die Gedenkausstellung im Bewusstsein, dass mein Großvater Otto Wächter mit ziemlicher Sicherheit hier als Angeklagter gesessen wäre, wenn er nicht entkommen wäre.



Sonntag, 31. Mai 2020

Krankheiten und ihr Missbrauch - English below



Ja, die Nazivergangenheit meiner Familie hat mich derart belastet, dass ich mehrere bipolare Episoden hatte, die auch entsprechend medizinisch behandelt wurden.

Nein, ich bin deswegen nicht unzurechnungsfähig, sondern führe ein entspanntes Leben und absolviere nach meiner akademischen Künstlerausbildung gerade eine zweite Ausbildung für die Arbeit mit Menschen.

Nein, ich lasse es nicht zu, dass meine Krankheiten, welche auch immer, dafür missbraucht werden um politische oder historische Sichtweisen anderer Leute zu untermauern, auch wenn es aus der eigenen Familie kommt.

Ja, ich bin offen und bereit sowohl über die Geschichte meiner Familie als auch über die damit verbundenen Beeinträchtigungen die bis zur Krankheit auswuchsen zu sprechen.

Nein, ich werde das Verschweigen von historischen Fakten nicht unterstützen.

Nein, ich bin weder schuldig noch stolz betreffend des Lebens und der die Taten meiner Vorfahren.

Ja, ich bin verantwortlich dafür, zu versuchen aus der Geschichte zu lernen.

Ja, Wahrheit und Gesundheit sind eng miteinander verbunden.


Illnesses and their Misuse


Yes, the Nazi past of  my family has been a such a burden for me, that I had several bipolar episodes, that have been medically treated.

No, I am not legally insane because of that, I am living a relaxed life and after my academic education as an artist  I am finishing now my second education in working with people.

No, I do not let it happen, that my illnesses, whatever kind they are, are misused to underline political or historical perspectives of other people, even when it comes from the own family.

Yes, I am ready and open to talk about the story of my family which caused consequences, which particularly have grown to personal illness. 

No, I will not support the silencing of historical facts.

No, I am neither guilty or nor proud of the life of my ancestors.

Yes, I am reponsible for trying to learn from history.

Yes, truth and sanity are closely connected.


Montag, 27. April 2020

Die Geschichte meiner Großeltern wurde nun erstmals in einem Buch umfassend dargestellt

Das Buch "The Ratline" wurde von Philippe Sands geschrieben, es wurde gerade auf Englisch veröffentlicht. Es basiert auf den Dokumenten meiner Familie, die mein Vater dem Holocaust Museum in Washington zugänglich gemacht hat und childert den Aufstieg meines Großvaters Otto Wächter zu einem der hochrangigsten Nazis Österreichs und seine Beziehung zu meiner Großmutter Charlotte sowie die Machenschaften zwischen dem Vatikan und der USA. Er war in führenden Positionen in Österreich, Deutschland, Polen, Italien und der Ukraine tätig und hat entsprechende Spuren hinterlassen, die bis heute nachwirken. Lange wusste ich über diese Vergangenheit meiner Großeltern kaum bescheid, erst seit 5 Jahren habe ich begonnen diese Last aufzuarbeiten und darüber zu recherchieren. Ich glaube, dass dieses Buch nicht nur für mich ein Wichtiges ist, sondern auch für Österreich und die Allgemeinheit. Das Nicht-Wissen und verschweigen hat mich lange krank gemacht. Viele Dinge habe ich erst durch dieses Buch erfahren. Am Ende komme ich darin auch vor.

Anbei eine Buchkritik:

Mittwoch, 20. Februar 2019

Idea for a House of Responsibility in Braunau am Inn


"I believe that it is important using Hitler's birth house as a memorial instead of tearing it down. In fact, it is usual in Austria to conceal this horrible part of history. Erecting a memorial is crucial to remember these dark times in order to prevent them to happen again.
The fact that my grandfather Otto von Wächter played a significant part in this criminal system, which has until now not been much reflected, has been a heavy burden in my life so far. Honest confrontation with it using therapeutic methods and engaging in my art made it possible for me to differentiate between not existing personal  guilt and the real existing personal responsibility, to deal with it in a proper way."

*****

"Ich finde es wichtig, das Geburtshaus von Hitler als Gedenkstätte zu verwenden und es nicht wegzureißen, denn das ist gerade das, was in Österreich üblich ist - diesen  schrecklichen Teil der Geschichte zu vertuschen anstatt ihm ein Denkmal zu setzen, damit so etwas nie wieder geschieht.

Die Tatsache, dass mein Grossvater Otto von Wächter eine wesentliche, bisher kaum aufgearbeitete Rolle in diesem kriminellen System innehatte, hat mein bisheriges Leben sehr belastet und erst die kritische Außeinandersetzung mit diesem dunklen Kapitel anhand therapeutischer Methoden und meiner Kunst hat es mir ermöglicht, zwischen nicht vorhandener persönlicher Schuld aber sehr wohl daraus resultierender persönlicher Verantwortung zu unterscheiden und letztere auch wahrzunehmen."

Friderica Magdalena Wächter-Stanfel






Freitag, 2. März 2018

DAS BELASTENDE „GEHEIMNIS“


Als diese Sendung 2014 erstmals ausgestrahlt wurde, war ich noch mitten in meiner langwierigen Krankheit, die, wie sich im Laufe der Therapien herausstellte, ihre Ursache in dieser belastenden Familiengeschichte hatte, über die ich im Detail auch erst Stück für Stück zu dieser Zeit erfuhr.
Inzwischen lebe ich fast ohne Medikamente und ich kann, denke ich, auch die Historie betreffend meiner Großeltern langsam ganz überblicken.
Es tun sich immer wieder neue Details auf, unter anderem auch betreffend der Rolle meiner Großmutter die aus der einflussreichen Industrieellenfamilie Bleckmann (Schöller-Bleckmann) stammte.
Obwohl die Aufarbeitung und Bewusstwerdung meiner Familiengeschichte ein schwieriger Weg war (und ist) bin ich froh ihn gegangen zu sein.
Abgesehen von meiner Gesundheit, ist es auch eine Verpflichtung all der Menschen in Österreich, Deutschland, Polen, Ukraine, Italien gegenüber, die über meine Großeltern aus dieser Zeit beeinflusst waren und sind.
Mir ist klar, dass in meiner Familie, auch meiner engsten, es ganz unterschiedliche inhaltliche Sicht auf die Dinge gibt, und auch Unterschiede, wie man damit umgeht bzw. nicht umgeht. Überfordert sind damit alle.
Heute würde ich Interviewfragen zu diesem Thema vermutlich anders beantworten als ich es 2014 tat, vieles ist seither geschehen.
Meine Mutter, die aus einer ganz anderen schwedischen Familie stammt (mein anderer Großvater war, da er als Journalist in Berlin arbeitete, nach der Geburt meines Onkels mit seinem Freund Willy Brandt feiern und saufen), ist inzwischen gestorben und meine Kinder sind teilweise schon erwachsen und zum Glück mit diesen Dingen neutraler konfrontiert.
Fest steht, dass man nicht für seine Vorfahren verantwortlich ist. Man ist aber dafür verantwortlich dass man selbst aus solchen Geschehnissen lernt und es auch möglichst viele Menschen genauso tun können.